Social Media Hasskommentare
Published On: 30. September 2016Last Updated: 13. Oktober 2022Kategorien: Diverses0 Kommentare

Mein Vater hat mir schon früh beigebracht: “Wer schreit, hat Unrecht.”

Und dabei wird im Internet geschrien was das Zeug hält. Aber die können doch nicht alle Unrecht haben, oder Papa?

Innerhalb des vergangenen Monats wurden in Deutschland etwa 100.000 Inhalte mit Hasskommentaren und Beleidigungen gelöscht. Nur bei Facebook.

Als ehemaliger Team-Sportler und aus der täglichen Arbeit mit ebendiesen, weiß ich: Schuld sind nie die anderen. Deshalb schreibe ich diesen Artikel und sage:

Ich bin Schuld am Hass in sozialen Netzwerken. Mein arrogantes Lächeln, wenn ich mal wieder einen negativen Kommentar auch nur in seinen Anfängen lese. Meine Ignoranz, mit der ich mir einbilde, die pöbelnden Menschen zu bestrafen.

Die Sache mit den Trollen…

Täglich erfahre ich im Rahmen meiner Arbeit, wie verbittert in den sozialen Netzwerken kommentiert wird.

Mal aus Neid, mal aus Langeweile. Nicht selten geht’s dabei in sportlich schlechten Phasen auch unter die Gürtellinie.

Vergibt der Fußball-Spieler eine klare Torchance, wird wenige Sekunden später mal mindestens pauschal über seine mangelnde sportliche Qualifikation geschimpft.

Nicht selten wird aber auch direkt seine Herkunft aus gut-bürgerlichem Haus angezweifelt und seine Mutter dem horizontalen Gewerbe zugeordnet.

Und in der Regel reagiert der Angegriffene darauf nicht, es gilt:

“Don’t feed the troll”

Natürlich straft man den Internet-Troll mit Ignoranz, aber: Irgendwer wird den Troll immer füttern. Und um im Bild zu bleiben: Der Mythologie zufolge brauchen Trolle noch nicht mal Futter, sie sind unsterblich.

Das ist auch im Netz so. Denn Beleidigungen kommen eben leichter über die Finger als über die Lippen.

Wir werden immer mehr zum Sender und immer weniger zum Empfänger

Unsere Diskussionskultur steht auf der Kippe. Kommunikation ist schnelllebiger geworden und jeder muss alles immer sofort mitteilen. Und wer redet, kann nicht zuhören – das weiß ich seit der 1. Klasse.

(Über die Veränderung unserer Identität durch Social Media alias “Teilen ist das neue Haben” habe ich übrigens hier schon mal geschrieben)

Immer mehr Leute kontrollieren nur noch, ob ihre eigene Meinung irgendwo bestätigt wird. Finden sie Belege dafür, glauben sie das auch noch. Zack fertig, Filterblase.

Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken, müssen wir dem pöbelnden Teil der Netzgemeinde zuhören. Lasst uns auf die “schreienden” Menschen im Internet zugehen, ihre Hülle enttarnen und ihnen Fragen stellen:

“Woher kommt deine Wut?”, ist zum Beispiel ein guter Anfang.

“Man wird doch wohl…” – “Halt’s Maul!”

Gleiches mit Gleichem zu vergelten, wäre in dieser Angelegenheit kein gut gemeinter Ratschlag – weder für die Diskussion im Kleinen, noch für das große Ganze.

Musiker Alex Diehl singt in “Nur ein Lied”:

Diesen Weg voll Hass zu gehen,
löst kein bisschen das Problem.
Aus Angst wird Hass, aus Hass wird Krieg
bis die Menschlichkeit am Boden liegt.

Lieber Influencer, bitte übernehmen Sie…

Mein Appell richtet sich in erster Linie an die Personen der Öffentlichkeit und jeden Influencer. Zu oft werden Personen mit großer Social Media-Reichweite aus dem scheinbaren Schutz der Anonymität angefeindet.

Und natürlich ist es ein logischer Instinkt, über den Hass gegen die eigene Person hinweg zu sehen und nicht darauf einzugehen. Denn “es bringt ja eh nichts”.

In meinen Social Media Workshops für Unternehmen betone ich gebetsmühlenartig meine generelle Meinung zu dem Thema: “Social Media ist kein Kanal, sondern eine Haltung.”

Und das passt auch in diesem Zusammenhang: Hass-Kommentare können wir nicht einfach wie einen Kanal abschalten, indem wir sie ignorieren. Wir alle müssen uns mit Haltung (und Bedacht) dagegen stemmen.

Wegsehen ist keine Alternative

TV- und Sport-Kommentator Frank “Buschi” Buschmann ist so jemand, der sich der (teils natürlich auch berechtigten) Kritik öffentlich stellt.

Zuletzt hatte Buschi beim “Prosieben Auswärtsspiel” mitgewirkt. In den Diskussionen über diese Sendung wurde vor allem bei Twitter kein Blatt vor den Mund genommen – und nicht zum ersten Mal ging ihm die Argumentation gegen den Strich. Noch während der Live-Übertragung veröffentlichte Buschi ein Video-Statement auf seinen Kanälen.

Und auch Google setzt derweil auf ihre YouTube-Stars und möchte mit der Kampagne #Nichtegal ein Zeichen gegen Hass in ihrem Videonetzwerk setzen. Prominente Unterstützung gibt’s dabei von der Bundeszentrale für politische Bildung.

An 40 Schulen werden im Rahmen dieser Kampagne Aufklärungsversuche gestartet. In 200 Workshops sollen rund 6.000 Jugendliche zu Mentoren ausgebildet werden.

 

Foto: allejipp / photocase.de

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